Familienarchiv – Theorie und Aufbau

Unser Familienarchiv | Teil 1

Ahnenforschung Tobolka Faszike

Wenn wir an ein Archiv denken, dann meist an staatliche: Staatsarchive, Landesarchive, vielleicht noch Gemeinde- und Stadtarchive. Eventuell auch an ein Gerichtsarchiv. Doch was ist mit Medien- oder Wirtschaftsarchiven, Diözesan- und Pfarrarchiven? Da gibt es also doch noch einige mehr.
Aber halt, fehlt da nicht noch immer eines?
Was ist mit dem Familienarchiv?
Ja, auch Familien können ein eigenes Archiv besitzen. Und dafür muss es sich nicht einmal um alten Adel handeln.

Was ein Familienarchiv ist, wie wir es aufbauen, die Archivalien langfristig bewahren, ohne auf die Benützung zu verzichten, und das mit relativ einfachen Mitteln, darüber handelt diese Blogserie.

Einleitung

Als ich mir vorgenommen habe, eine Blogserie über eine Anleitung zur Ahnenforschung zu schreiben, hatte ich bereits die Idee, das Thema Familienarchiv einzubetten. Doch in der Konzeptionsphase kristallisierte sich heraus, dass es doch ein wenig umfangreicher werden würde. Also habe ich mich entschlossen, daraus eine eigene Serie zu machen.

Arten von Archiven

Wie oben aufgezählt gibt es eine ganze Menge an Archiven – sogar noch einige mehr. Und die unterscheiden sich voneinander, selbst wenn es bei allen darum geht, Material zu schlichten, zu archivieren und Benützern zugänglich zu machen. Der Unterschied liegt darin, wer Material zur Verfügung stellt, wer für das Archiv verantwortlich ist, rechtliche Grundlagen und für wen es eigentlich gedacht ist.

Für staatliche Archive gibt es das Archivgesetz. Dieses regelt, welche Archive zu errichten und zu führen sind, wie sie finanziert werden, wer welches Material an das Archiv abzugeben hat, und wie sie nutzbar gehalten werden müssen.

Bundesarchivgesetz

Für private Archive gibt es kaum Regelungen, sofern bei Unternehmen und Stiftungen der Staat keine Mehrheit hält, mit Ausnahme des Datenschutzes.

Prinzipien der Ordnung

Ahnenforchung Familienarchiv Tobolka

Familienarchiv Tobolka

Egal ob wir bereits viel Material zur Verfügung haben für unser Familienarchiv oder erst wenig, so stellt sich uns die Frage, wie wir es ordnen wollen. Auch in Hinblick auf künftigen »Erwerb« von Material. Historisch gesehen gibt es zwei Modelle:

  •  das alte Pertinenzprinzip (Sachbetreff)
  •  das moderne Provenienzprinzip (Herkunft)

Dazu sollten wir uns erst ansehen, woher ein Archiv seine Bestände bekommt. Bei staatlichen Archiven geben die staatlichen Institutionen ihre alten Bestände ab. So finden sich Akten des Gesundheitsministeriums im Staatsarchiv, Archivalien der MA 48 (Magistratsabteilung 48, Müllabfuhr und -Entsorgung) der Gemeinde Wien landen wiederum im Wiener Stadt- und Landesarchiv. Hier haben wir klar eine Herkunft. Aber innerhalb der Institutionen gibt es wiederum Abteilungen, die für bestimmte Bereiche zuständig waren, und die beziehen sich auf Sachthemen.

Beispiel staatliche Gesundheitsakten

Bleiben wir mal bei der Gesundheit. Von der Antike über das Mittelalter bis in die frühe Neuzeit stellte die Pest eine gefürchtete Epidemie dar, der Millionen zum Opfer fielen. Im 17. Jahrhundert verlor sie zwar zunehmend an Bedeutung – der letzte Ausbruch ereignete sich 1713 – dafür kam eine neue Seuche auf: die Pocken (Blattern). Doch hier gab es erstmals eine präventive Maßnahme in Form der Pockenimpfung – dennoch raften die Pocken im späten 18. Jahrhundert jährlich rund 400.000 Menschen in Europa dahin.

Zur Pockenimpfung finden sich in den Akten verschiedenste Themen (Österreichisches Staatsarchiv, allgemeines Verwaltungsarchiv, Ministerium des Inneren, Sanitätsakten 1900-1918). Es gab Diskussionen um die Einführung eines Impfzwanges per Gesetz (Ungarn hatte eines, Österreich nicht), um die Durchführung von Impfungen beim Heer aber auch in der Zivilgesellschaft, um Impfgegner, Gerichtsurteile, Aufklärung der Bevölkerung, Impfschäden …

Beim Pertinenzprinzip geht jedoch der Überlieferungszusammenhang verloren, da die Bestände geteilt und unter dem jeweiligen Sachthema archiviert wird. Da wir aber keine Berge an Verwaltungsakten archivieren, können wir dennoch nach Themen bzw. Quellengattungen ordnen.

Quellengattungen

Bei unserem Familienarchiv stehen wir vor dem Problem, dass wir nicht nur Schriftstücke haben, sondern auch Fotos, Dias, Orden, Ausweise, Briefe, Tagebücher, Postkarten, etc. Wir könnten nun nach der Art sortieren oder nach Personen oder Familiennamen.

Auf den ersten Blick scheint es recht praktisch zu sein, dass wir gleich alles zu einer Person finden, wenn wir das Material zusammen archivieren. Wir brauchen bloß die richtige Mappe herausziehen und schon haben wir eine Mischung aus der Aufzählung von gerade eben.

Leider ergibt sich das Problem, das die verschiedenen Gattungen an Quellen auch unterschiedlicher Archivierung bedürfen. Zudem wäre es aus Platzgründen gar nicht möglich, alles in eine Mappe zu packen. Und wir sollten auch nicht vergessen, dass wir mittlerweile im Digitalzeitalter leben; der Umgang mit digitalen Daten stellt uns vor ganz neue Herausforderungen.

Woher bekommen wir Archivalien?

Im Beitrag »Familienforschung und der Datenschutz«, dem zweiten Teil der Blogserie zur »Anleitung Ahnenforschung«, habe ich erwähnt, wie wir an Material kommen. Wir nehmen das, was wir bereits zu Hause haben, sowie »Spenden« unserer Angehörigen. Zusammen bildet dies den Grundstock unseres Archivs. Hinzu kommt im Laufe der Zeit Material, dass wir aus anderen Archiven kopiere, uns von Familienmitgliedern überlassen wird oder selber generieren.

Klarerweise landen unsere eigenen Dokumente nicht im Familienarchiv, auch nicht die unserer Kinder, (Ehe)Partner oder sonstigen lebenden Familienmitglieder, falls es sich um Originale handelt. Haben wir Kopien, so heben wir sie gesondert in einer eigenen Mappe auf, denn die darin enthaltenen Daten fallen unter den Datenschutz.

Ausblick

Wie wir unser Archiv auch organisieren wollen, wichtig ist, dass wir das Material jederzeit mit wenig Aufwand finden, und das es möglichst dauerhaft bestehen bleibt. Zum Auffinden brauchen wir Findmittel, zur Langzeitarchivierung entsprechendes Archivierungsmaterialien, die schonend mit unseren Archivalien umgehen, damit sich auch künftige Generationen daran erfreuen. Und darunter fällt auch der Bereich der Digitalisierung.

Doch dazu mehr in den kommende Beiträgen.





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