Familienarchiv – Konservieren für den kleinen Geldbeutel
Unser Familienarchiv | Teil 3
Das Besondere an Archivalien wie der Geburtsurkunde der Großmutter, der Heiratsurkunde der Urgroßeltern, Briefen, Tagebüchern, Ansichtskarten, etc ist, es gibt sie nur ein einziges Mal. Deshalb kommt der Erhaltung dieser Einzelstücke eine wichtige Rolle zu beim Aufbau eines Familienarchives. Wie dies mit einfachen Mitteln und wenig Geld zu bewerkstelligen ist, zeigt der folgende Beitrag auf.
Überall lauert der Tod
Egal welches Datenträgermaterial wir vor uns haben, früher oder später ist die darauf enthaltene Information für immer verloren. Und gerade Papier ist vielen Gefahren ausgesetzt. Eine davon ist der Papierfraß (Papierzerfall). Das heißt, im Laufe der Zeit zersetzt sich das Papier. Je nach Qualität des Papiers geschieht dies früher und schneller oder eben langsamer und später. Vor allem von der Säure geht Gefahr aus, die durch das Herstellungsverfahren ins Papier gelangt ist oder durch Beschreibstoffe (zB. Tinte). Säurefreie Hüllen, Mappen und Kartons wirken dem Säurefraß entgegen, und verlängern das „Leben“ der alten Schriftstücke.
Es gibt aber auch jede Menge äußerer Einflüsse. Hohe Temperaturen und Feuchtigkeit sind ideale Bedingungen für Schimmelpilze. Wärme und Licht bedingen negative chemische Reaktionen, ebenso angesengte oder verbrannte Bereiche eines Papierstückes. Staub wiederum enthält Sporen, Bakterien und Pollen. Und auch die Tierwelt hält mit Nagelkäfer und Silberfischchen Gefahren bereit.
Gefahren lauern auch im Büro-Alltag in Form von Selbstklebebändern (zB. Tixo), Post-its (der Klebstoff), buntes Papier (säurehaltig), Gummiringe, Büro & Heftklammern, Uhu und andere Kleber, Klarsichthüllen (sofern sie Säure enthalten) bzw. Einbetten und Einschweißen in Selbstklebefolien und Beschreibwerkzeuge (Kugelschreiber, Filzstifte, Marker, Füllfedern).
Von Profis Lernen
Professionelle Archive unternehmen große Anstrengungen, um den Bestand langfristig zu erhalten und ihn so Benutzern zur Verfügung zu stellen. Dazu sind mehrere Maßnahmen notwendig.
Das Archivgut muss geschützt werden vor:
*Staub
*hohen Temperaturen
*hoher Luftfeuchtigkeit
*Licht
*Wasser
*Feuer.
Idealerweise wird das Archivgut in Schachteln aus säurefreien Karton gelagert, und diese wiederum in einem temperierten Raum: dem Magazin. Je nach Art des Archivgutes befinden sich die Archivalien in einem Faszikel, einer Jurismappe (Dreiflügelmappe), oder spezielleren Aufbewahrungsschachteln, die ebenfalls aus säurefreiem Karton bestehen.
Das Magazin wiederum wird konstant auf niedriger Luftfeuchtigkeit und Temperatur gehalten. Es gibt keine Wasserrohre. Um dennoch gegen Brände geschützt zu sein, werden Löschmittel verwendet, die ohne Wasser auskommen.
Privat mit wenig Mittel
Sofern wir keine Multimillionäre sind, werden wir es kaum schaffen, diese idealen Bedingungen umzusetzen. Insbesondere beim Verwahrungsort und beim Klima werden wir Kompromisse schließen müssen. Die anderen Bedingungen lassen sich jedoch recht einfach umsetzen.
Am wichtigsten ist die unmittelbare Lagerung des Archivgutes. Und dafür gibt es spezielle Jurismappen (Dreiflügelmappen) aus säurefreiem Karton. Hier verwenden wir nur solche, die der Norm DIN ISO 16245 entsprechen. Geben wir diese in eine Licht- und Staubdichte Schachtel, so sind die gröbsten Gefahren bereits beseitigt. Büroklammern entfernen wir ebenso Heftklammern, da der Rost das Papier zerstört.
Etwas aufwändiger zu Lagern sind Fotos. Diese stecken wir in Fotohüllen aus Pergaminpapier, was ebenfalls aus einem säurefreien Material besteht. Wir beschriften Fotos entweder auf der Rückseite, falls Platz vorhanden ist, mit einem ungespitzten Bleistift sowie wenig Druck beim Schreiben, oder beschreiben stattdessen die Fotohüllen. Generell gewöhnen wir uns an bei der Verwendung von analogem Archivgut, Schreibwerkzeuge mit Tinte zu verbannen. Die Fotos in der Hülle heben wir ebenfalls in einer geschlossenen Schachtel auf.
Briefe lassen wir in den Umschlägen, Ansichtskarten archivieren wir bei den Fotos. Ausweise sind spezieller zu behandeln, da hier oft Fotos dabei sind, die früher mit einem kleinen Metallring befestigt worden sind. Wir schützen sie wie die Fotos und stecken sie in eine Pergaminhülle. Die Metallringe belassen wir, so wie sie sind, da wir beim Entfernen womöglich den Ausweis beschädigen. Tagebücher wiederum stecken wir in passende Schutzschachteln. Spezielle Lösungen gibt es auch für Münzen, Orden und Pläne.
Die (Archiv)Schachteln dürfen auch aus normalem Karton gefertigt sein, besser wäre es aber, hier ebenfalls die säurefreie Variante zu nehmen. Da sich Säure auch auf unseren Händen bildet, benutzen wir beim Arbeiten mit dem Archivgut Handschuhe aus Baumwolle.
Jurismappen und Pergaminhüllen besorgen wir in der lokalen Papierfachhandlung – beim Diskonter finden sich hingegen nur die säurehaltigen Mappen. Manche Fachgeschäfte bieten auch die anderen genannten Produkte zur analogen Langzeitarchivierung an. Bekommen wir sie dort nicht, bieten sich Fachhändler im Internet an. Bei ausreichender Menge kämen auch die Papier- und Kartonagenerzeuger in Frage – diese beliefern auch die großen staatlichen Archive.
Der Profi schafft noch was
Auch wenn wir vorsichtig mit unseren Schätzen umgehen, all die uns möglichen Maßnahmen ausschöpfen, kann es sein, dass sich einzelne Stücke in einem schlechten Zustand befinden. Gerade Papier neigt dazu, in Falzstellen zu brechen. Hier bleibt uns nichts anderes übrig, als das Original am Besten gar nicht mehr anzurühren, oder Geld in die Hand zu nehmen und es restaurieren zu lassen. Im Gegensatz zu den anderen hier vorgestellten Maßnahmen ist dies jedoch teuer. Zudem sprießen Restauratoren nicht gerade aus dem Boden. Die Restaurierungswerkstätten der staatlichen Archive wären hier eine erste Ansprechstelle.
Eine Notlösung wäre, das Dokument vorsichtig in eine entsprechend große Hülle aus Pergaminpapier zu schieben.
Informationstransfer
All die genannten Maßnahmen haben zum Ziel, das Leben des Archivgutes zu verlängern. Aber egal wie groß unsere Anstrengungen auch sein mögen, früher oder später werden wir unsere Schätze verlieren. Es gibt aber Möglichkeiten, um zumindest die wichtigsten Informationen zu erhalten. Das wäre das Anfertigen von Kopien sowie das Digitalisieren.
Analoge Kopien fertigen wir in einem Copyshop an. Schwarzweiß-Kopien reichen in den meisten Fällen aus, was Geld spart. Dafür investieren wir in den Faktor Zeit, indem wir achtsam mit den Unikaten umgehen, und sie einzeln auf die Scanfläche legen. Vorsicht ist gegeben bei gebundenen Objekten wie Tagebüchern. Für Bücher gibt es zwar Spezialscanner, die werden aber kaum im Copyshop zu finden sein. Statt Scannen/Kopieren bietet sich eine Transkription an.
Schluss
Mit den hier vorgestellten Maßnahmen lässt sich ein Bestand noch lange erhalten, selbst mit einem Minimaleinsatz an Geld. Wir wollen aber unsere Schätze nicht nur erhalten, sondern auch mit Ihnen Arbeiten (sie Auswerten) und auch Herzeigen. Das erreichen wir durch das Anfertigen von Kopien. Und da wir uns im Digitalzeitalter befinden, ist auch die Digitalisierung eine wirkungsvolle und wirkungsmächtige Maßnahme. Über die Tücken der Digitalisierung und digitalen Langzeitarchivierung handelt dann der nächste Teil.
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Vielen Dank für diese interessante Reihe. Es sind wirklich einige wertvolle Tipps dabei. Die ich ganz dringend noch für mich umsetzen muss…
Beste Grüße